Paddeltechnik
Va’a Paddeltechnik
Effektives Outrigger Paddeln im Mannschaftskanu kann erlernt werden, es unterscheidet sich auf Grund der hohen Sitzposition, dem Sitzabstand zwischen der Crew und der Bootsbreite wesentlich von anderen Kajak- oder Kanu-Paddeltechniken.Um das Stechpaddel im Va’a auf Langstrecke effizient einzusetzen muss der Paddler erst mal verstanden haben was da im Wasser passiert, damit er künftig auch weiß was er tut.Doch die gute Nachricht zuerst. Egal wie man mit dem Paddel sticht, schlägt oder schaufelt, nach vorne geht es mehr oder weniger trotzdem bei allen :-)
Es werden in der Beschreibung die maskulinen Formen der Funktionsbezeichnungen verwendet.Machen wir uns erst einmal klar was wir mit Paddeln erreichen wollen. Das Boot soll durchs Wasser, hauptsächlich nach vorne dem Ziel entgegen gebracht werden. Soweit besteht sicher Einigkeit, nur warum reden dann so viele vom „Paddel durchziehen“?. Hier fängt der Unsinn nämlich schon an. Das Paddel soll nur als statischer Widerstand im Wasser dienen an dem das Kanu nach vorne gezogen wird und nichts anderes. Der Weg den ein Paddel durchs Wasser nach hinten macht, fehlt dem Weg des Kanus nach vorne.
Im Gegensatz zum Doppelpaddel, das bei eher gerader Körperhaltung um die Schultergelenke rotiert und dem Stechpaddeleinsatz in beengter Sitzposition und breiteren Booten, wird im Outrigger das Boot mit dem Körper bewegt und zudem noch regelmäßig die Paddelseite gewechselt.
Den schnellen Ablauf mal langsam zum Mitlesen gebracht, neigt sich der Va’a Paddler zum Einsetzen des Paddels nach vorne, wobei er sein Stechpaddel mit gestreckten Armen hält und weit vor sich, geräuschlos ohne platschen und spritzen einsticht. Dabei sind beide Hände übereinander und der Paddelschaft senkrecht. Die korrekte Arm- Paddel- Rückenhaltung sieht von der Seite wie ein „A“ aus. (vergl. Bild zwei)
Die Rückwärtsbewegung des Körpers beginnt unmittelbar mit dem Einstechen des Paddelblattes, aber der volle Zug zur Vorwärtsbewegung des Kanus erfolgt erst wenn das Blatt ganz im Wasser ist. Es darf dabei zu keinem Lufteinschluss vor dem Paddelblatt kommen, da die größte Haltekraft vom Sog des Blattes an der Wassermasse vor dem Paddel ausgeht.
Der Druck auf das Paddel darf nur so stark sein, dass diese Haltekraft nicht abreißt, keine Luft von der Oberfläche angesaugt wird und sich neben dem Paddelblatt keine Luftwirbel ausbilden können. Die Zugphase mit dem Körper bei gestreckten Armen bewirkt, dass das Blatt so am längsten in der optimalen, senkrechten Halteposition im Wasser verweilt, länger als bei der Armrotation um die Schulter. Das Ausheben des Paddels beginnt kurz vor Erreichen der Körperseite und nur jetzt winkelt der untere Arm kurz an und unterstützt das Ausheben um gleich wieder gestreckt nach vorne zu greifen.
Der Druck auf ein Paddel, dass den Körper bereits passiert hat, führt zum Anheben von Wasser mit dem Blatt, was das Boot um diese Kraftkomponente belastet und tiefer ins Wasser drückt. Das ist für die Absicht der Fortbewegung aber nicht zielführend. Wer mit dem Paddel an den Iako schlägt, hat es zu lange im Wasser. Wer mit dem Schaft auf die Bordwand schlägt, hält sein Paddel nicht senkrecht. Wer beim Seitenwechsel an das Kanu schlägt, hat ein zu langes Paddel gewählt.
Im einfachen Selbstversuch kann jeder Paddler feststellen, dass mit dem Lufteinschluss durch zu heftiges Ziehen oder bereits falsches Einstechen, sofort die zur Vorwärtsbewegung benötigte Haltekraft am Paddel markant nachlässt und nur mehr der geringere Verdrängungswiderstand des Wassers hinter dem Paddel zum Tragen kommt. Verbunden ist dieses nach hinten schaufeln eines Wasser-Luftgemisches noch mit der Störung des Gleichtaktes im ganzen Boot und mit der Reduzierung der Haltekräfte für weiter hinten sitzende Paddler beim nächsten Einstechen in diese, mit falschem Eifer erzeugte, Schaumwelle.
Sehr wichtig ist im Outrigger der Gleichtakt in der Zugbewegung, bereits ein abweichender Rhythmus stört das Körperpendel-System der ganzen Crew. Die Zugkraft ist schnell und gleichmäßig aufzubauen, aber keinesfalls mit energischem Reissen, das führt zu einseitigen Richtungsänderungen deren Ausgleich wieder Energie kostet.
Gleichmäßig paddeln ist das A und O im Va’a. Reduziert ein Crewmitglied seine Zugkraft, will das in Fahrt befindliche Iako- und Ama-Gewicht das Kanu überholen und steuern es damit nach rechts. Umgekehrt bei plötzlicher Erhöhung der Zugkraft, jetzt verzögern Iako und Ama bis sie in Fahrt sind und stören so den geradeaus Lauf. Alle Paddler richten ihren Takt-Einsatz am Paddler auf Platz eins aus, nicht an einem unmittelbaren Vordermann.
Die Geschwindigkeit im Va’a wird nicht durch reissen am Paddel erhöht, sondern nur durch schnelleres wiedereinsetzen des Paddels. Die Verweildauer des Paddels im Wasser zum Ziehen des Kanus verringert sich dabei durch die zunehmende Fahrt ganz von selbst, der ausgeübte Druck bleibt gleich.
Die Anweisung des Steuermanns HANA KA HOE, PA’A KA VAHA (shut up and paddle) gilt also nicht nur dem Geschnatter der Crew sondern auch dem Geplätscher ihrer Paddel, wir sind keine Mississippi Raddampfer sondern paddeln lautlos, schnell, mit wohldosiertem Krafteinsatz und Rücksicht auf alle Crewmitglieder :-)
Stefan Meuwly